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Gastro-Talk zeigt Hausaufgaben für Regierung auf

NEOS Klagenfurt luden gestern zum Online-Gastro-Talk, in dem Wirtschaftstreibende über die aktuelle Situation diskutierten. NEOS-Spitzenkandidat Janos Juvan: „Es braucht noch konkretere Rahmenbedingungen für die Planbarkeit und vor allem Perspektiven. Wir müssen das Kulturgut Gastronomie schützen.“

Unter dem Gesichtspunkt „Perspektive 21: Wie geht es jetzt weiter?“ hat der Spitzenkandidat der NEOS in Klagenfurt, Janos Juvan, gestern in einem Online-Gastro-Talk mit UNOS-Bundessprecher und Nationalratsabgeordneten Sepp Schellhorn sowie Klagenfurter Unternehmern Paul Haas, Robert Krall, Marina-Anna Virgolini, Michael Pontasch, Niki Riegler und WK-Fachgruppenobmann Stefan Sternad die aktuelle Situation für Gastronomie, Hotellerie und Tourismus diskutiert.  

Mehr Klarheit und konkrete Leitfäden ab dem 7. Jänner gefordert

„Im Fokus steht ganz klar, konkrete Leitlinien für die bessere Planbarkeit der Betriebe zu schaffen“, so Juvan. Auch wenn jetzt klar sei, dass die Gastronomie am 7. Jänner wieder öffnen darf, seien viele Detailfragen offen.

Schellhorn erläutert: „Ich würde mir als Unternehmer und in der Eigenverantwortung der Büger_innen einen zweifache Planungssicherheit wünschen, um das ,Fahren auf Sicht‘ für Gastronomen zu verbessern. Dafür braucht es vor allem Klarheit, die insbesondere der Gesundheitsminister jetzt vorstellen könnte. Zum Beispiel könnte man mithilfe einer Tabelle, in der die Zahl der Covid-19-Fälle abgebildet ist, festlegen, welche Maßnahmen bei steigenden, gleichbleibenden oder sinkenden Fallzahlen gelten. Wenn klar festgelegt ist, ab welchen Zahlen etwa ein dritter Lockdown droht, würde das auch die Eigenverantwortlichkeit der Bürger_innen stärken.

Fehlende Planbarkeit gefährdet Arbeitsplätze, trotz Betriebs-Engagements

NEOS-Landessprecher Markus Unterdorfer-Morgenstern ergänzt, dass die Maßnahmen der Regierung die notwendige Planbarkeit für Unternehmerinnen und Unternehmer verhindern und daher tausende Arbeitsplätze gefährdet sind. „In neun Monaten Pandemie wurde von den zuständigen Ministern und dem Kanzler verabsäumt, eine nachvollziehbare Strategie zu erarbeiten. Zu viele Unternehmen werden zurückgelassen. Gesetzte Handlungen der Regierung sind kritisch zu hinterfragen und auf Transparenz sowie Nachvollziehbarkeit zu prüfen.“ Generelle Ausgangssperren sind in den Augen des Landessprechers ungerechtfertigt.

Gerade weil es für die Gastronomiebranche so schwierig ist, gute Mitarbeiter zu finden und vor allem zu halten, ist es für Multi-Gastronom Paul Haas, der sowohl das Augustin, den Landhaushof als auch das Café Domgassner führt, umso wichtiger, den Mitarbeitern in Zeiten wie diesen so gut als möglich Sicherheit zu bieten. Haas: „Die Mitarbeiter sind das wichtigste Bindeglied zum Gast. Wir haben jedem die Wahl gegeben, in die Kurzarbeit zu gehen oder eine Kündigung mit Wiedereinstellungsgarantie in Anspruch zu nehmen. Alle haben eine Jobgarantie. Wir sind ein eingespieltes Team, wenn sich viel zerschlägt, kostet es sehr viel Energie, vieles von Neuem aufbauen.“ 
Was auch für den Arbeitgeber allerdings ein Wehrmutstropfen ist: Finanzielle Einbußen haben Mitarbeiter der Gastronomie natürlich auch durch den Trinkgeld-Entfall. „Jeder Betrieb geht damit anders um, aber natürlich ist das ein wesentlicher Bestandteil des Gehalts, das fehlt heuer in vier, fünf Monaten zur Gänze, das kann man nicht mehr aufholen“, so Haas.

Sanieren als Perspektive: Sanierungskultur und zusätzliche Beratung nötig

Juvan empfindet es als höchst an der Zeit, echte Perspektiven für die Gastronomie, die Hotellerie und insbesondere auch die Nacht- und Veranstaltungsgastronomie zu schaffen. „Die Pandemie hat schmerzlich deutlich viele Versäumnisse der vergangenen Jahre in unterschiedlichen Bereichen, wie etwa der Bildung, aufgezeigt. Vor allem in den massiv von Existenzängsten betroffenen Branchen Gastronomie und Hotellerie wird es nun ebenso wesentlich sein,  die Chance zu nutzen, Versäumnisse der Vergangenheit anzugehen.“ Zunächst gelte es, generelle Perspektiven zu bieten, doch auch mittelfristig müssten Diskussionen über eine Verbesserung der Rahmenbedingungen, von Öffnungs- und Arbeitszeiten bis hin zu Gastgarten-Regelungen und weiterem Bürokratie-Abbau erfolgen.

Zur Perspektive für Wirtschaftstreibende zählt jetzt vor allem auch eine Liquiditätsstützung. Schellhorn: „Unternehmer müssen wissen, wie sie beispielsweis trotz des "Stundungs-Steuerucksacks" ins Frühjahr gehen können. Beim Festlegen der Fälligkeit von Steuerstundungen muss man auch die Situation der Betriebe berücksichtigen. Auch Banken werden immer restriktiver. Daher braucht es dringend liquiditätsstützende Maßnahmen.“

NEOS haben dafür ein 7-Punkte-Programm vorgelegt, unter anderem mit der dem Ansatz "Sanieren statt Schließen". Dafür braucht es dringend ein anderes Insolvenzrecht und neue Maßstäbe, um den Unternehmen zu helfen. Dies würde etwa über einen KMU-Equidy-Fond nach Luxemburger-Modell funktionieren oder man betrachtet und bewertet die Beteiligung des Landes und von Banken neu.

Laut Schellhorn hätten auch die Banken, vor allem die Regionalbanken, ein großes Interesse, die Liquidität der Betriebe sicherzustellen. „Sollte sich in diesem Bereich nichts passiert, muss man mit faulen Krediten von bis zu 30 Milliarden Euro rechnen. So würde spätestens im Frühjahr aus der Kundenkrise eine Bankenkrise werden.“ 

Michael Pontasch ist nicht nur Initiator des Immobilienprojekts „Hafenstadt Urban Area“ samt dazugehöriger Gastronomie, sondern als Anwalt unter anderem auch spezialisiert auf Insolvenzrecht und Sanierungen. Auch er sieht die Liquidität als eines jener Probleme, die noch vor vielen Betrieben liegen werden. „Die Steuern und Abgaben zu stunden war zwar im Frühling eine effektive Soforthilfe, aber irgendwann müssen sie selbst bei weiteren Verlängerungen der Stundung beglichen werden.“ Hierfür braucht es laut Pontasch Lösungen, um Betriebe zu unterstützen und die Rückzahlung dieser gestundeten Abgaben zusätzlich zu den laufenden genau zu regeln.

Pontasch bricht eine Lanze für die Sanierung von Unternehmen und die Insolvenzkultur in Österreich: „Insolvenz anzumelden gilt derzeit als Schande, ein Unternehmer als gescheitert.  Das  Insolvenzrecht dient in Wahrheit aber dazu, Unternehmer in einer Krise aufzufangen und ihnen zu helfen.“

Der Rechtsanwalt appelliert an Betriebe, Anträge frühestmöglich zu stellen, dann seien Sanierungen möglich, gleichermaßen an die Wirtschaftskammer sowie Standesvertreter, gerade jetzt Unternehmer frühzeitig zu unterstützen. 
„Das größte Problem wird der Liquiditätsbedarf bei kleineren Unternehmern sein, die keine Rücklagen bilden können, entsprechende Stützen werden also wesentlich sein. Die sinnvollste Präventionsmaßnahme wäre zusätzliche Beratungen und Unterstützungen zu leisten und Unternehmer rechtzeitig und gut durch die Phase der Sanierung zu begleiten.“

Gezielte Hilfe für Nachtgastronomie und Veranstalter fehlt völlig

Marina-Anna Virgolini ist Eventmanagerin und hat mit dem Stereoclub eine musikalische Institution in Klagenfurt geschaffen. Doch: Heuer, im 15. Jahr, hat sie nun die Notbremse gezogen und vor wenigen Wochen den Club geschlossen. „Wir hatten heuer zehn Öffnungstage, die Nachtgastronomen und Veranstalter sind die großen Verlierer der Pandemie. Sie mussten als erste schließen und werden wohl als letzte wieder aufsperren dürfen. Realistisch ist für mich nicht vor dem Sommer oder gar Herbst 2021“, so Virgolini, die sich damals eine klare Ansage erwartet hätte. „Hätten wir von Haus aus gesagt bekommen, unsere Branche wird voraussichtlich mindestens ein Jahr nicht mehr öffnen, hätten alle besser kalkulieren können.“
Sie und viele ihrer Berufskollegen fühlen sich von der Regierung im Stich gelassen und verstehen nicht, warum genau diese Sektion innerhalb einer Branche nicht beachtet wurde. Virgolini: „Ich erwarte mir Hilfspakete, die wirklich auch auf die Bedürfnisse der Nacht- und Eventgastronomie zugeschnitten sind! Ich bin überzeugt, es werden noch viele aufgeben müssen, wenn die Regierung nicht bald überlegt, wie sie auch in diesem Bereich helfen können. Und es sind ja weit mehr betroffen, denn letztlich hängt genau hier auch die gesamte Kulturszene samt Technikbereitstellern und sonstigen Zulieferern dran.“ 
Virgolini hat sich gemeinsam mit ihrem Mann und der Firma stereomedia ein zusätzliches Standbein, u. a.  im professionellen Online-Streaming für Firmen und Kongresse, geschaffen. Ob sie je wieder den Stereoclub reaktivieren wird, steht für sie derzeit in den Sternen. „Es war schlimm, einen gut funktionierenden Betrieb aufgeben zu müssen, das ist auch eine emotionale Komponente.“

Emotionale Achterbahnfahrt kommt zur wirtschaftlichen hinzu

Genau jene emotionale Komponente ist es, die auch andere Gastronomen, die sonst mit Leidenschaft anpacken, extrem belastet. Robert Krall, der vor zwei Jahren mit dem „Wohnzimmer“ im Lendhafen einen cosy place for crazy people geschaffen hat und dort Gastronomie und Veranstaltungskultur vereint, bringt es auf den Punkt: „Es geht um die Emotion in dieser Nicht-Planbarkeit. Es braucht klare Ansagen der Regierung, was jeweils passiert, wenn sich die Fallzahlen entsprechend verändern. 
Auch Krall kritisiert, wie sehr der Staat Österreich die Kultur vernachlässigt und schließt damit den Kreis zur Nachtgastronomie. „Es ist ein Rad, das sich dreht. Gastronomie ist alles zusammen. Wir sind keine Gegner, wir unterstützen uns gegenseitig. Umso mehr Leute unterwegs sind, die sich wohlfühlen, desto mehr kann man gegenseitig davon profitieren.“

Das Wohlfühlen der Gäste sei das Wichtigste für die Gastronomie. Jedoch, so Krall: „ Wir sind gesellschaftlich durch permanente Medienbeschallung so weit, dass Leute sich nicht mehr wohlfühlen. Mir geht es als u. a. Kulturschaffender auch darum. Dieses Unwohlfühlen wird uns noch weit über den Sommer hinweg nachhängen.“ 
Besonders unter diesen Umständen würden kurzfristige Maßnahmen ohne Plan für die Gastronomie und Eventbranche nicht funktionieren. Auch Krall appelliert an einen Leitfaden: „ Was darf ich als Gastronom ab dem 7. Jänner tun? Darf ich Konzert, Pubquizzes oder Lesung machen? Wir haben uns gewünscht, dass die Regierung uns klare Ansagen macht und uns Planbarkeit ermöglicht. Im Sinne von ,Was passiert, wenn das passier?‘. Dann können wir in die Zukunft schauen. So wie es jetzt aussieht, sind wir auf einem Blindflug.“

Pandemie zeigt mehr denn je vernetzte Wirtschaftskreisläufe auf

Wie sehr Wirtschaftskreisläufe untereinander vernetzt sind – das habe sich wohl in vielen Branchen, nicht nur Gastronomie und Tourismus, in der Pandemie offenbart, ist Unternehmer Juvan überzeugt. Auch Schellhorn sagt beispielhaft: „Stirbt der Hotelier, stirbt der Tischler.“ 
Nikolaus Riegler, Eigentümer und Geschäftsführer von Hirter Bier, der größten Privatbrauerei Kärntens, zeigt ebenso Zusammenhänge auf. Denn in Gesprächen mit Händlern kristallisiere sich ebenso heraus, dass diese Branche den derzeitigen Ausfall der Gastronomie als nachteilig betrachtet. Riegler: „Wir alle brauchen uns gegenseitig, um Lebensgefühl und Atmosphäre herstellen zu können.“

Der Gastronomiebetrieb im Stammhaus ist für Hirter Bier ein wichtiger Faktor. Als Gastronom begrüßt Riegler, dass „diesmal seitens der Regierung klarer, wenn auch nicht ganz befriedigend, kommuniziert wurde, als noch beim ersten Lockdown“. Auch die Hilfen – die 80prozentige Umsatzvergütung – sei diesmal wirklich rasch bei den Betrieben angekommen. Aber: „Als Produzent und Zulieferer der Gastronomie war dieses Jahr ein Wechselbad der Gefühle.“

Umso stolzer ist Riegler auf sein Team und die Unternehmenskultur, deshalb schaue er zwar mit Bauchweh und Sorgen, aber gleichzeitig auch mit Optimismus Richtung Ostern. „Natürlich müssen auch wir unsere Hausaufgaben machen, damit wir die Gastronomie und Hotellerie bei neuerlichem Öffnen bestens unterstützen können“, so Riegler.

Sternad: „Gewerbereglementierung und Rücklagen-Modell neu diskutieren“

Der Fachgruppenobmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer, Stefan Sternad, bestätigt, dass die Branche im 2. Lockdown gefasster sei. „Die Hilfen kommen auch schneller an, diese werden von der Kammer schnell abgewickelt. Auch die Senkung der Umsatzsteuer auf fünf Prozent, bei dem die WK eine Vorreiterrolle eingenommen hat, ist eine Erleichterung für die Gastronomie.“ 
Man müsse allerdings realistisch sein, dass jedes Hilfefass irgendwann ausgeschöpft sei und man wieder ins Tun kommen müsse. Sternad spricht sich für eine Neuregelung der Gewerbeordnung respektive eine Reglementierung des Gewerbes aus: „Diese Zeit heuer hat umso deutlicher aufgezeigt, wie schwer der Job des Gastronomen ist, vom Management der Human Ressouces über Betriebswirtschaft bis hin zum Hygienemanager und Organisator müssen Gastronomen alles sein. Das kann nicht jeder.“ Jetzt sei es an der Zeit, die Branche auf die Zukunft einzustellen und man müsse darüber nachdenken, das Gewerbe wieder zu reglementieren, allfällige Prüfungsmodalitäten neu zu denken. Auch ein Zukunftsmodell, wie man steuerfreie Rücklagen im Unternehmen bilden könne, müsse dringend diskutiert werden. „Das muss vom Staat gewollt und gefördert werden, wie beispielsweise Gewinnrücklagen.“

Gastronomie ist Kulturgut, auf das wir besonders achten müssen

Juvan betont abschließend, dass jegliche Einrichtung – egal ob Bar, Wirtshaus, Kaffeehaus oder Club – auch ein Stück Kulturgut ist. „Gastronomiebetriebe sind alle auch Teil unserer österreichischen Kultur. Das ist auch der Grund, warum wir dort so gerne sind. Es sind Kultureinrichtungen, die den Menschen mittlerweile sehr fehlen. Umso wichtiger ist es, Planungssicherheit, konkrete Konzepte nach Fallzahlen wie auch Perspektiven zu bieten. Mit jedem Gastronomiebetrieb der schließen muss verlieren wir ein Unternehmen und Arbeitsplätze, aber vorallem auch ein wichtiges Kulturgut für uns alle.“ 

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